Start in Bergen
Unsere diesjährige „Angeln mit Dachzelt“-Tour 2025 sollte in Bergen beginnen. Tobi & Schmu, ein weitläufig mit uns verwandtes Pärchen, waren vor einem Jahr dorthin ausgewandert, und wir wollten die Gelegenheit nutzen: ein Wiedersehen, ein paar gemeinsame Angelstunden und natürlich ein guter Einstieg in die große Reise.
Packstress statt Urlaubsfeeling
Der Plan war eigentlich klar: Montag Auto vorbereiten, Dienstag früh losfahren, abends die Fähre von Hirtshals nach Bergen nehmen, 17 Stunden Überfahrt, und am Mittwochmittag erholt ankommen. So zumindest die Theorie.

Bevor es ans Packen ging, stand allerdings noch eine kleine Pflichtübung an: das Auto putzen. Mit Dachzelt ist die Waschanlage tabu – zu hoch und zu riskant für Zelt und Gestänge. Also bleibt nur die Waschbox. Ein paar Minuten mehr Aufwand, dafür spart man Geld und hat die Kontrolle selbst in der Hand. Nach dem Abspritzen und Aussaugen war unser „Nest“ vorbereitet – bereit, bepackt zu werden.
Und genau da begann dann die erste Herausforderung unserer Reise: das Packen. Eigentlich wollten wir es diesmal strukturierter und einfacher machen. Doch schon das Hin- und Herschleppen sämtlicher Kisten von der Berliner Wohnung zum Auto "um die Ecke" kostete Nerven. Alles wurde in Haufen sortiert – Reserveradmulde, Kofferraum, Rückbank –, aber am Ende war es wie immer: Tetris im Auto. Kisten nahmen mehr Platz ein als gedacht, leise Panik kam auf, und aus der geplanten Abfahrt um 8 wurde 9 Uhr.
Nicht ganz der entspannte Start, den wir uns vorgestellt hatten. Aber wir nahmen uns vor, das Ganze am ersten Spot in Ruhe neu zu sortieren. Hauptsache, die Fähre um 20 Uhr wird erreicht.
Punktlandung auf der MS Stavangerfjord

Spätestens um 19 Uhr sollten wir in Hirtshals sein – wir rollten um 18:50 aufs Parkdeck. Punktlandung! Kein Stau mehr, keine Schlange am Terminal, direkt aufs Schiff. Was für eine Erleichterung.

Wir hatten lange überlegt, ob wir uns eine Kabine gönnen sollten. Sie kostet so viel wie zwei Nächte in einem schicken airbnb – für zwei Pritschen mit Klo und Dusche. Doch im Nachhinein war es die beste Entscheidung. Statt gerädert in Bergen anzukommen, genossen wir eine ruhige Nacht mit bestem Schlaf. Auch Seekrankheit war trotz angekündigtem stärkerem Wind kein Thema, und am Morgen gab es eine entspannte Dusche und Frühstück. Um 13 Uhr betraten wir norwegischen Boden.
Erster Stopp: Sotra – Inselhopping und Angelglück

„Hei hei, Bergen!“ hieß es, doch statt einer Stadtbesichtigung zog es uns hinaus auf die Inseln vor der Stadt. Sotra, oder wie wir sie bald liebevoll nannten: „der Schniepel“. Viele kleine Inseln, durch Brücken verbunden, jede mit ihrem eigenen Charme.

Unter einer dieser Brücken fanden wir nicht nur einen Stellplatz für die Nacht, sondern auch einen Angelspot direkt vor der Tür (hier geht's zum Revierbericht). Zugegeben, es war nicht der schönste Spot im Vergleich zu den Naturpanoramen Norwegens. Aber die befestigte Asphaltfläche kam uns gerade recht, um unser Gepäck einmal komplett auszupacken und das Auto endlich neu zu ordnen.

Danach gab es Kaffee und Suppe – und meine ersten Würfe der Tour. Prompt hing eine dicke Makrele am Pilker. Damit war auch das erste Outdoor-Rezept fällig: In Stücke zerlegt wanderte die Makrele in einen Topf frisch geschöpftes Meerwasser und wurden darin gargezogen – einfach, schnell und köstlich (hier geht's zum Rezept)!

Am Abend ließen wir den Tag mit Kaltgetränken und Fotos im Campingstuhl ausklingen. Doch die Idylle hielt nur bis zu einem lauten „Klatsch“: Eine Möwe zog über uns hinweg und spendierte uns einen ordentlichen „sauren Regen“. Mein Drink verwandelte sich augenblicklich in eine ungenießbare Spezialmischung – Feierabend für das Glas. Für einen Moment kam die Frage auf, ob unser Dachzelt solch tierische Attacken wohl unbeschadet überstehen würde. In Ermangelung besserer Alternativen und reichlich müde beschlossen wir jedoch, es drauf ankommen zu lassen und krochen schließlich in unser Skycamp.
Erste Regennacht – und ein Geheimtipp fürs Dachzelt
Mitten in der Nacht weckte uns ein leises Knistern – bald prasselte es ordentlich. Unsere erste Regennacht im iKamper Skycamp. Hielt das Zelt dicht? Ja, absolut. Alles trocken. Nur die Blase drückte. Das eigentlich dafür vorgesehene Privatsphärenzelt war allerdings vom Wind davongetragen – wir hatten es auf dem asphaltierten Boden nicht mit Heringen fixieren können. Also kamen unsere extra für solche Situationen angeschafften Urinflaschen zum Einsatz. Gewöhnungsbedürftig, aber unglaublich praktisch. Und dank der perfekten Ausleuchtung durch unsere neue LED-Camping-Lampe von CAMPWERK ging auch nix daneben. Danach schliefen wir wie Babys.

Der nächste Morgen begrüßte uns mit Sonne, Kaffee und der Gewissheit: Wir waren endgültig im Urlaubsmodus angekommen. Und das Beste – in der Nacht hatte es keinen „sauren Regen“ mehr gegeben, jedenfalls nicht in Form von fliegenden Möwen.
Brücken, Pilze und Familienbesuch

Nachdem die Sonne alles abgetrocknet hatte und wir einpacken konnten, fuhren wir den „Schniepel“ bis zur Nordspitze ab. Jede Brücke eröffnete ein neues Panorama: steile Felsküsten, stille Lagunen, reißende Strömungen, dichter Wald. Besonders ins Auge fielen uns einige Hütten, die vollständig aus Steinen errichtet waren – sogar das Giebeldach bestand aus aufgeschichteten Platten. Dabei handelt es sich offenbar um sogenannte Steinbu: Teil der norwegischen Nutztradition und ein klassisches Beispiel für pragmatische, wetterfeste Bauweise – errichtet aus dem, was direkt vor Ort vorhanden war, und perfekt geeignet für die raue Küstenlandschaft.

An der Spitze der Inselkette angekommen sahen wir einige deutsche Angler, die gerade von einer Bootstour zurückkamen und ihre Fänge filetierten. Ein älterer Herr aus Gera erklärte uns, dass es sich um auf Naturköder gefangene Seehechte handelte, während er selbst ein Makrelen-Paternoster montierte. Makrelen scheinen hier zu dieser Jahreszeit allgegenwärtig zu sein – und so ließ ich mir ein paar Würfe nicht nehmen. Schon nach wenigen Würfen hing eine schöne Küchenmakrele am Haken (hier geht's zum Revierbericht).

Auf dem Rückweg stoppten wir in einem dichten Waldstück – und fanden Steinpilze und Pfifferlinge! Ein unerwartetes Highlight.

Abends ging es nach Askøy, wo uns Tobi & Schmu empfingen. Bei Tortillas und spannenden Gesprächen über Auswanderungsgeschichten verging die Zeit wie im Flug. Statt im Regen noch einen Stellplatz zu suchen, schliefen wir dankbar im Gästezimmer.
Missverständnisse am Felsen, Mefo-Rutentest und ein mysteriöser Hund

Am nächsten Tag: Dauerregen. Also langes Frühstück, Seekarten-Studium und erst am Nachmittag los. Der erste nennenswerte Spot lag hinter einem kleinen Felsen, an dem die Straße endete. (hier geht's zum Revierbericht) Ein Bootsfahrer, der gerade in den Mini-Hafen einlief, bemerkte unsere suchenden Blicke und machte eine deutliche Handbewegung zur anderen Seite des Felsens. Für uns wirkte es wie ein Tipp: „Dort ist ein guter Platz!“ Also kraxelten wir trotz nasser Steine vorsichtig den Felsen hoch. Zehn Minuten später standen wir keuchend auf dem Grat – und derselbe Bootsfahrer wiederholte mehrfach seine Geste. Erst dann dämmerte uns: Wir hätten einfach den Weg um den Felsen herum nehmen können. Auf dem Rückweg fanden wir diese kurze Variante tatsächlich – und mussten uns das Lachen verkneifen. Immerhin sprang bei der Aktion eine Makrele für die Küche heraus.

Der zweite Spot lockte mit der Chance auf Meerforelle (hier geht's zum Revierbericht). Ich testete mein neues Tackle – die Savage Gear Parabellum (307cm, 12-32g) kombiniert mit einer Shimano Vanford 4000 FA. Eine beeindruckend leichte, geschmeidige Kombination, die stundenlanges Angeln ermöglichte (hier geht's zum Testbericht)! Statt einer Meerforelle biss allerdings ein halbstarker Pollack an - der Drill machte dank der semiparabolischen Aktion des Blanks riesigen Spaß. Kurz danach kamen noch ein paar fette Spätsommer-Makrelen hinzu. Es war fantastisch, beim Angeln den Sonnenuntergang am Horizont mitzuverfolgen! Noch am Morgen wäre das wettertechnisch undenkbar gewesen.
Auf der Heimfahrt erlebten wir dann etwas Kurioses: Ein herrenloser Hund tauchte auf. Er bellte, lief vor, wartete, schaute zurück – wie in einer Filmszene, in der ein Hund Hilfe sucht. Irgendwann sprintete er davon, und wir verloren ihn aus den Augen. Wir rätselten lange, was da wohl los war.

Zu Hause gab es dann Tortillas mit den am Vortag frisch gesammelten Pilzen – ein krönender Abschluss. Für den nächsten Tag stand der Plan: Bootsmotor lauffähig machen und ein paar Offshore-Spots ausprobieren. Ob das wohl klappen würde?

Es klappte nicht. Nachdem der Vormittag vergeblich damit verbracht worden war, das Öl herauszubekommen, dass durch falsche Lagerung an Stellen des Motors gelaufen war, wo es nicht hingehörte, so dass er nicht mehr ansprang, entschieden wir uns, die kostbare noch verbleibende gemeinsame Zeit lieber am Wasser zu verbringen. Wir fuhren noch einmal einen erfolgreichen Uferspot des Vortages an und konnten erneut eine schöne fette Makrele landen.

Es folgte ein letzter gemeinsamer Abend, an denen wir Folienmakrelen aus dem Backofen und im Anschluss selbstgemachtes Eis genossen, bevor wir uns ein letztes Mal auf Askøy zur Ruhe legten. Am nächsten Morgen hieß es dann „Ha det bra, Bergen!“ Die große West-Ost Passage stand an. Doch dazu mehr im nächsten Logbuch-Eintrag…


